Flaechenverbrauch Deutschland

HWB Positionspapier – “Flächenverbrauch in Deutschland - Auswirkungen auf den Handel"

Flächenverbrauch in Deutschland – Auswirkungen auf den Handel

Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlungen und Verkehr auf unter 30 Hektar pro Tag zu verringern. Im Durchschnitt der Jahre 1993 bis 2003 lag der Flächenverbrauch noch bei 120 Hektar pro Tag.

Während der letzten 60 Jahre hat sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland mehr als verdoppelt. Im Jahr 2017 wurde täglich eine Fläche von rund 58 Hektar neu ausgewiesen - meist zulasten der Landwirtschaft und fruchtbarer Böden. Das entspricht etwa der Größe von ca. 82 Fußballfeldern.

Die Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt (KBU) hat im Rahmen des Positionspapiers „Flächenverbrauch einschränken – jetzt handeln“ einen Vorschlag unterbreitet, wie das 30-Hektar-Ziel der Bundesregierung auf die Bundesländer verteilt werden könnte. Inzwischen haben sich fünf Bundesländer adäquate quantitative Ziele gesetzt, die zum „30-Hektar-Ziel“ beitragen.

Um überprüfen zu können, ob sich die tatsächliche Entwicklung in Richtung „30-Hektar-Ziel“ bewegt, hatte das UBA für das Jahr 2010 ein Zwischenziel von 80 Hektar und für das Jahr 2015 ein Zwischenziel von 55 Hektar pro Tag gesetzt.

HWB-Einschätzung:

Um das „30-Hektar–Ziel“ bis zum Jahr 2030 zu erreichen, müsste insbesondere der Wohnungsbau, die Industrie und der Gewerbebereich Einsparungen vornehmen. Da jeder dieser Bereiche an sich ein unterschiedliches Einsparungspotential bietet, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber regulatorisch tätig wird. Dies hätte Auswirkungen auf die Innenstädte und die Gewerbegebiete, in denen der Einzelhandel in unterschiedlichsten Formen betrieben wird. Stadtplanung sowie die Außenplanung bedingen einander, damit unterschiedliche Geschäftskonzepte betrieben werden können.

Das Umweltbundesamt geht davon aus, dass eine verstärkte Innenentwicklung und die Aufbereitung und Nutzung von Brachflächen die wesentlichen Bausteine für die Reduzierung der Flächeninanspruchnahme sind. Konkrete Maßnahmen- und Instrumentenvorschläge konzentrieren sich darauf, den Ausbau von Siedlungsflächen und die damit verbundene Verkehrserschließung zu dämpfen. Um die Inanspruchnahme immer neuer Flächen für Siedlungszwecke zu reduzieren, sind viele aufeinander abgestimmte Maßnahmen erforderlich. Ziel ist es, dass u.a. langfristig nicht mehr auf der „grünen Wiese“ gebaut werden soll.

Der HWB betrachtet diesen Ansatz kritisch, da die Bundesregierung sich gerade für den Bau von jährlich 400.000 neuen Wohnungen, davon 100.000 Sozialwohnungen, ausgesprochen hat. Im Wege der Nachverdichtung in den Innenstädten und dem Hintergrund, dass Bauland eine knappes Gut ist, wird diese Aufgabe daher unmöglich sein.

Die Nachfrage nach urbanen Gebieten mit höchstrangiger Infrastruktur ist hoch. Gleichzeitig ist der Siedlungsraum in städtischen Zentren begrenzt. Daher wird Raum in Städten durch höhere Dichten intensiver genutzt als in ländlichen Regionen. Hohe Dichten ermöglichen neben kurzen Wegen nicht zuletzt auch ein gutes öffentliches Verkehrsnetz. Die Folge wird sein, dass ein Einkaufserlebnis in den Innenstädten durch diese Punkte geprägt sein wird.

Dennoch darf die Bebauung und die damit zu schaffende Infrastruktur in den ländlichen Gebieten/Gewerbeaußengebieten nicht vergessen bzw. erheblich eingeschränkt werden.

Ein Gewerbegebiet mit seinen dort ansässigen Betrieben aus den Bereichen Handel, Handwerk und Dienstleistungen ist für die Kunden zu einem attraktiven Standort und zu einer unverzichtbaren Ergänzung des Innenstadtangebotes geworden. In zahlreichen Fachgeschäften kann der Kunde nahezu alle Bedürfnisse, sei es für Haus, Garten, Auto, Freizeit oder die Güter des täglichen Bedarfs befriedigen. Das Gewerbegebiet punktet mit seiner Vielfalt, der guten Erreichbarkeit und dem Angebot an Parkplätzen direkt vor der Tür. In einem Gewerbegebiet werden zahlreiche Arbeitsplätze zum Wohle der Stadt und der Region geschaffen.

Fazit:

Eine gesetzlich vorgeschriebene Flächenreduktion führt zu immensen wirtschaftlichen Einschränkungen. Um den Bedürfnissen der Gesellschaft nachzukommen, sind flexible Ansätze erforderlich. Die Innenstadt darf nicht gegenüber den ländlichen Gebieten/Gewerbegebieten in Konkurrenz gesetzt werden, da sie unterschiedliche Klientelen erreicht. Der 1:1 Ansatz der Entsiegelung für eine neue Flächeninanspruchnahme ist insofern nicht zielführend, da Projekte unterschiedlicher Größe nicht verglichen werden können. Die Stärkung der Vielfältigkeit ist zu bewahren, damit das Einkaufserlebnis in seinem unterschiedlichsten Formen gelebt wird. Der Verbraucher entscheidet letztendlich, wo er diese umsetzt.

Köln, Mai 2022