Recht auf Reparatur

HWB Positionspapier – “Recht auf Reparatur” (Right to Repair)

Der Handelsverband Wohnen und Büro e.V. (HWB) begrüßt grundsätzlich den Fahrplan der Europäischen Kommission „Nachhaltiger Konsum von Waren – Förderung von Reparatur und Wiederverwendung“, bei dem neue Vorgaben zu Gewährleistung und Reparierbarkeit von Produkten seitens der EU-Kommission betrachtet werden.

Der Ansatz der EU-Kommission ist darauf fokussiert, dass Produkte von der Entwicklung an so gestaltet werden, dass sie länger halten und besser reparierbar sind. Hier geht es unter anderem um Regelungen in der Ökodesign-Richtlinie. Aber auch die von der EU-Kommission angekündigte Sustainable Product Initiative (SPI) soll Vorschläge enthalten. Außerdem geht es um Regelungen im Warenkaufrecht, in dem die Gewährleistungsrechte auf europäischer Ebene geregelt sind.

Konkrete Punkte, die der Gesetzgeber bedenken sollte:

Verfügbarkeit und Lagerung relevanter Ersatzteile:

Im Einrichtungshandel können nicht sämtliche Ersatzteile für jedes Einrichtungs- bzw. Möbelstück auf Lager gehalten werden, um dem Wunsch des Kunden auf Reparatur zu entsprechen. Die Produktvielfalt beispielsweise von Küchen und Ess-, Schlaf- und Wohnzimmern bieten unzählige Modelle, für die individuell gefertigte Serien- oder Einzelstücke hergestellt werden. Aufgrund dieser breiten Produktpalette, können bereits lagertechnisch nicht alle Ersatzteile bevorratet werden, es mangelt unter Umständen am notwendigen Lagerplatz für Ersatzteile. Die vorhandene Lagerfläche wird dringend für die Verkaufsprodukte benötigt. Eine verbindliche Vorschrift würde aus logistischen und finanziellen Gründen bei Fachhändler zur faktischen „unmöglichen Umsetzung“ führen. Diejenigen, die dennoch über eine Fläche für die Bevorratung von Ersatzteilen verfügen, würden Kapital auf der zusätzlich notwendigen Lagerfläche binden. Außerdem verfügt der Fachhändler in der Regel nicht über einen Werkstattbetrieb.

Kostenübernahme durch den Endkunden / Fachkompetenz des Händlers oder Herstellers

Der Fachhändler wird vielfach nicht in der Lage sein, die Produkte der Hersteller aufgrund der Bauweise bzw. von der technischen Anwendung her, dem Recht auf Reparatur zu genügen. Sogenannte Softwareupdates sind für ihn nicht möglich, da der Hersteller die elektronische Nutzung beim Design eines Produktes integriert hat. Eine Verlagerung der Fachkompetenz auf den Fachhändler ist dringend auszuschließen, da er die technische Reparierbarkeit in der Regel nicht beurteilen kann.

Wenn der Fachhändler dennoch für die Instandsetzung eines Produktes verantwortlich sein sollte, würde dies zu erhöhten Kosten bei den Verkaufsprodukten führen, um ein regulatorisches „Recht auf Reparatur“ einzupreisen.

Dokumentationspflichten und Nutzen des Produktes

Ein Recht auf Reparatur wird weitere Dokumentationspflichten auslösen. Sofern Ersatzteile nicht vorrätig gelagert werden können, müssten diese beim Hersteller angefordert werden. Der Hersteller wiederum müsste bei der Markteinführung eines Produktes, für dessen Mindestlebensdauer die notwendigen Ersatzteile bevorraten. Wenn der Hersteller dieser Vorgabe nachkäme, bliebe immer noch ein bürokratischer Aufwand für den Hersteller und den Fachhändler, der Umsetzung nachzukommen. Hier müsste besser der Aufwand gegenüber dem Nutzen einbezogen werden, da der Kauf eines neuen Produktes möglicherweise den Nutzzweck eines alten relativiert. Ein Abwägungsmechanismus ist daher unbedingt beim „Recht auf Reparatur“ zu integrieren und ein individueller Betrachtungsansatz zugrunde zu legen.

Wirtschaftlichkeit des Ansatzes / Kundenfreundlichkeit beim Service

Dem „Recht auf Reparatur“ einen Vorrang gegenüber einer Ersatzlieferung einzuräumen macht insofern nur Sinn, wenn die Reparatur kostengünstiger und wirtschaftlicher wäre, als eine Ersatzlieferung. Der Kunde verlangt heute eine unkomplizierte Lösung, so dass u.U. bei preisgünstigeren Produkten eine Ersatzlieferung wirtschaftlicher ist, als eine kostspielige Reparatur.

Gesetzliche Gewährleistungspflicht und Garantiezeit

Die gesetzliche Gewährleistungsfrist darf bei einem reparierten Produkt nicht einen generellen Neubeginn einer Gewährleistungsfrist in Gang setzen. Ältere sowie benutzte Produkte werden häufiger einem Fehler unterliegen, aufgrund der Nutzungsdauer des Kunden sowie durch dessen pfleglicher Behandlung. Das heißt, dass die Ausdehnung einer Mangelbeseitigung unverhältnismäßig wäre, wenn der natürliche Verschleiß eines Produktes sowie der persönliche Umgang hier nicht mit einbezogen werden. Je länger der Kauf zurückliegt, desto weniger kann der Fachhändler noch einem Anspruch auf Reparatur genügen. Hier wäre der Hersteller vielmehr in der Pflicht.

Eine unendliche Garantiezeit führt zur schonungslosen Abnutzung von Produkten, da die Funktionstüchtigkeit eines Produktes gewährleistet werden müsste. Daher ist dieser Ansatz kontraproduktiv. Trends von neuen Produkten würden vom Endkunden weniger aufgegriffen, so dass auch Innovationen langfristig gehemmt werden und im Markt möglicherweise sich nicht oder nur langsam umsetzen lassen.

Fazit: Das „Recht auf Reparatur“ braucht für unterschiedliche Sektoren einen angemessenen und praktikablen Ausgestaltungsansatz. Diesem Ansatz sollte ein „freiwilliges Modell“ zugrunde liegen, da nur individuelle Lösungsansätze dem Ressourcenschutzgedanken und der Wiederverwendbarkeit von Produkten langfristig helfen. Auch neue Konzepte wie Mietmodelle bzw. der Second-Hand-Ansatz bieten bereits jetzt eine verlängerte Nutzungsdauer bei Produkten.

 

Köln, März 2022